Meldungen aus dem Landesverband Thüringen
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Filmprojekt „Die Ecke“

100 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums St. Elisabeth in Heilbad Heiligenstadt schauen den Film "Die Ecke"

„Das Vergangene ist niemals vergessen.“, so lautet die Botschaft von Regisseurin Christa Pfafferotts packender Reportage „Die Ecke“. Darin geht es um die letzten Tage des Krieges, in denen am 04.04.1945 in Oberdorla ein junger amerikanischer Soldat unter ungeklärten, bis heute verschwommenen Umständen ums Leben kommt. Hinzu kommt, dass die befragten Dorfbewohner in ihre eigenen Erinnerungen und weitergegebenen Erzählungen so verstrickt sind, dass der Tathergang seines Todes in mehreren Möglichkeiten und Facetten erscheint. Wer erschoss damals Robert Wynne? Warum nehmen die Menschen ein Ereignis anders wahr oder erinnern es anders? Etwa 250 Thüringer Schüler und Schülerinnen sahen im Rahmen des Filmprojekts „Die Ecke“ und begaben sich anschließend auf die städtischen Friedhöfe mit Kriegsgräbern für Soldaten und Bombenopfer. Dort führten Kolleginnen und Kollegen des Volksbundes Thüringen die Zehnt- und Zwölftklässler über die Anlagen in Eisenach, Heilbad Heiligenstadt und Hildburghausen, suchten aktiv den Dialog mit den Schülern und beantworteten eifrig deren Fragen. 

Neue Bundesfreiwillige mitten im Geschehen

Wie sind wir noch mit den Geschehnissen von damals verbunden? Als neue Bundesfreiwillige seit dem 01.09.2024 beim Volksbund Thüringen darf auch ich, Josephine Böttcher, mich intensiv mit dieser Frage beschäftigen. In meinen ersten eineinhalb Wochen beim Volksbund gab es viel zu tun. Es galt, sich gut auf die Führungen vorzubereiten. Bilder mussten ausgedruckt und laminiert werden, Rundgänge geplant werden, Stichpunkte geschrieben und gelesen werden. Schon an meinem dritten Tag durfte ich etwa 25 Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Schule über den Eisenacher Friedhof mit den Anlagen der Weltkriegstoten sowie der sowjetischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen führen. Innerlich war ich nervöser als ich es den Schülern zeigte, dennoch konnte ich ihnen die Wichtigkeit der Erinnerung wenigstens ein bisschen näherbringen. Auch wenn in Heilbad Heiligenstadt das Wetter nicht gerade zu einem angenehmen Schlendern zwischen den Grabanlagen einlud, konnten die Praktikantin Lisa Köhler und ich den Schülerinnen und Schülern viel Spannendes erzählen und sie zum eigenen Nachdenken anregen. 

Der Film „Die Ecke“ als Einführung brachte den Schülern die Thematik des Tages näher und die Gesprächsrunde danach ermutigte sie, Fragen zu stellen. Beim letzten Projekttag in Hildburghausen wurden wir von der Wissbegierde und Aufgewecktheit der Schüler positiv überrascht und es gelang, einen fließenden Dialog aufzubauen. Mich freute es, geschichtsbegeisterte junge Erwachsene zu erleben, die nicht genug Wissen über ganz lokale Geschichte anhäufen konnten. 

Alles in allem war das Filmprojekt mit anschließender Führung ein großer Erfolg und eine erfrischende Abwechslung im sonst eher immateriellen Unterricht für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte. 

Als neue Mitarbeiterin beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. kam für mich alles ein bisschen plötzlich, doch es lohnte sich am Ende, als ich bemerkte, welche große Rolle der Volksbund und ich in der Bildung der Jugendlichen – wenn auch nur für einen Tag – gespielt haben. Hoffentlich befassen sich viele von ihnen nun mit den Fragen der Erinnerungskultur und der Vergangenheit, die oftmals schemenhafter ist, als am Anfang angenommen wird. 

Josephine Böttcher, Bundesfreiwillige beim Volksbund Thüringen