Meldungen aus dem Landesverband Thüringen
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Umbettung von Kriegstoten in Gerstungen


Fedor Dmitrijewitsch ALEXANDROW wurde am 18. Juli 1909 im Dorf Murawka (Gebiet Tula) im damaligen zaristischen Russland geboren.

Unmittelbar nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion geriet ALEXANDROW als Soldat der Roten Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft und wurde nach Deutschland deportiert. Er starb am 4. April 1942 im Kriegsgefangenenlager in der Nähe von Gerstungen. Sein Grab befindet sich nach der Umbettung aus dem Richelsdorfer Tal nun auf der sowjetischen Kriegsgräberstätte in Gerstungen-Untersuhl.

Bald nach Kriegsausbruch wurden in der Umgebung der hessischen Orte Obersuhl und Richelsdorf und des thüringischen Untersuhl Lager mit Kriegsgefangenen aus Polen, Italien und der Sowjetunion eingerichtet. Viele hundert Kriegsgefangene bzw. Zwangsarbeiter starben in den Jahren 1941 bis 1945. Sie verhungerten, starben an Krankheiten oder kamen bei Unfällen auf der Baustelle ums Leben.

Die Gefangenen waren beim Bau der von den Nationalsozialisten geplanten Reichsautobahnbrücke über das Richelsdorfer Tal eingesetzt. Zwischen 1940 und 1945 entstanden sieben hohe Brückenpfeiler. Die Brücke wurde jedoch nicht fertiggestellt.

Während der deutschen Teilung ragten die sieben Brückenpfeiler unmittelbar östlich der »Staatsgrenze West der DDR« und in Sichtweite der hessischen Obersuhler und der Thüringer Untersuhler (an der Autobahn 4 im »Thüringer Zipfel«) mahnend im Tal auf. Da sich die Pfeiler nach dem Fall der Grenze den Belastungen der geplanten neuen Brücke als nicht gewachsen erwiesen, wurden fünf von ihnen am 18. Juli 1992 gesprengt. Die Länder Hessen und Thüringen vereinbarten, dass zwei Brückenpfeiler aus Gründen des Denkmalschutzes und als Mahnmal für die ums Leben gekommene Zwangsarbeiter stehen bleiben.

Angrenzend an den Friedhof im Gerstunger Ortsteil Untersuhl wurde 1948 eine Grabanlage für sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter angelegt. Während einige sowjetischen Opfer in Untersuhl bestattet wurden, verblieben die meisten Toten im Richelsdorfer Tal. Der dort 1954 aufgestellte Obelisk mit den Namen der Toten wurde im Jahr 1977 aus dem damaligen Grenzgebiet zwischen der DDR und der BRD hierher umgesetzt. Die Toten verblieben im Grenzstreifen, die Grabstätte geriet in Vergessenheit und verwilderte.

Um den Opfern ein würdiges Grab zu geben, wurden deren sterbliche Überreste Anfang Juni 2023 unter Leitung des Volksbund-Umbetters Joachim Kozlowski im Richelsdorfer Tal exhumiert und nach Untersuhl gebracht. Der bestehende sowjetische Ehrenfriedhof wird dadurch erweitert und neugestaltet.

Die Gedenkveranstaltung zur Wiedereinbettung der sterblichen Überreste wird am 22. Juni 2023, dem 82. Jahrestag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion, um 14:00 Uhr auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof in Gerstungen-Untersuhl stattfinden. Dies ist eine öffentliche Veranstaltung.

Text: Henrik Hug / Volksbund
Fotos: Simone Schmid und Henrik Hug / Volksbund sowie Willy Meerbach / Chronik Gerstungen

Fotos der Sondierungs- und Ausbettungsmaßnahmen