Projekte aus dem Landesverband
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Gorlice (Malopolska) 2015

Im Jahr 2014 jährte sich zum 100. Mal der Beginn des I. Weltkrieges. Dieses, für das heutige Europa geschichtlich bedeutende Ereignis veranlasste den Volksbund in Thüringen eine gemeinsame Jugendbegegnung mit Jugendlichen aus Frankreich, Polen und Deutschland in Weimar und Erfurt (Thüringen) zu organisieren. Die Teilnehmenden von unserer Partnerorganisation "Les Francas du Nord" aus Lille hatten dabei mit Abstand den weitesten Anreiseweg und nahmen deshalb auch den Flieger nach Krakau. Die Jugendlichen begaben sich dabei auf Spurensuche, welchen Stellenwert der I. Weltkrieg bei den Jugendlichen direkt, aber auch bei der Thüringer Bevölkerung einnimmt! Dies hielten sie u.a. in einem Videoprojekt fest. Auch setzten sich die Jugendlichen mit den Themenbereichen „Heimatfront und Kriegsgefangenschaft“ auseinander. Die Verbindung zwischen historisch-politischer Bildung, Internationaler Begegnung und die Arbeit an Kriegsgräbern ermöglichten es den Jugendlichen, sich und die gemeinsame europäische Geschichte besser kennenzulernen.

Im Jahr 2015 sollte es Jugendlichen aus Frankreich, Polen und Deutschland wieder ermöglicht werden, gemeinsam auf Spurensuche zu gehen. Der Weg führte sie in die Region Malopolska, genauer gesagt nach Gorlice. Etwa 150 Km südöstlich von Krakau entfernt, befindet sich die kleine Stadt unweit der ukrainischen und slowakischen Grenze. Sie ist zudem der Heimatort unseres polnischen Partners, der Zespol Szkol Nr. 1. Ganz im Gegensatz zum Pilotprojekt aus dem Jahr 2014 in Erfurt und Weimar, führte die Jugendbegegnung nun also in eine Region, in welcher genau vor 100 Jahren erbitterte Schlachten zwischen Russland, Deutschland und Österreich / Ungarn ausgefochten wurden. Die Region um Gorlice wurde im Jahr 1915 stark von diesen Kämpfen zerstört. Nur so sind auch die vielen Kriegsgräberstätten zu erklären, die man überall in der Region vorfinden kann.

Unter den insgesamt 25 Teilnehmenden im Alter zwischen 16 und 29 Jahren fanden sich auch einige wieder, die bereits im vergangenen Jahr an der Begegnung teilnahmen. So konnten sie immer wieder Vergleiche erarbeiten, wie die Erinnerung an die Geschichte des I. Weltkrieges in Deutschland und Polen unterschiedlich wahrgenommen wird. Aber auch viele neue „Gesichter“ waren in diesem Jahr dabei. Allein zehn Jugendliche kamen durch unsere französische Partnerorganisation „Les Francas du Nord“ zu ihrer ersten Reise nach Polen. Die Jugendlichen erhielten die Möglichkeit die Region Malopolska und speziell die der Stadt Gorlice besser kennenzulernen. Neben den Arbeiten auf verschiedenen Kriegsgräberstätten des I. Weltkrieges in der Region um Gorlice galt es die Geschichte Polens besser kennenzulernen. Aus diesem Grund stand auch ein Wochenendausflug nach Krakau auf dem Programm, um diese wundervolle Stadt zu erkunden. Die Jugendlichen erfuhren aus Gesprächen und Workshops, was sich auch bereits im Jahr zuvor durch das Videoprojekt verdeutlichte. Die Erinnerung an den I. Weltkrieg nimmt in Polen eine größere Rolle ein, als in der deutschen Wahrnehmung. „Polen kehrte wieder auf die Landkarte zurück“ – meinten Einheimische, wie auch polnische TeilnehmerInnen. Da Geschichte nicht in voneinander unabhängigen „Blöcken“ erläutert und diskutiert werden kann, schon gar nicht die europäische, war der Besuch der Gedenkstätte Auschwitz gerade auch für unseren polnischen Partner enorm wichtig. Die Jugendlichen wurden zunächst durch ein Geschichtsseminar in Krakau auf den Besuch der Gedenkstätte vorbereitet. Das Tagesseminar in der Gedenkstätte erfolgte dann einen Tag später und hinterließ sehr viele fassungslose Gesichter. Die Jugendlichen erfuhren sehr eindringlich, welch barbarische Taten von Menschen verbrochen worden. Besuche von KZ-Gedenkstätten, wie dieser in Auschwitz, sind also informativ und mahnend zugleich. Wir sind alle aufgefordert Unrecht entgegenzuwirken, auch wenn es meist nicht leicht ist, oder es subjektiv als nicht so schlimm empfunden wird!

Einen guten Einstieg gegen Vorurteile bieten solche Jugendbegegnungen durchaus. Mit Hilfe der Sprachanimationsworkshops, welche das Betreuerteam organisierte und durchführte, lernten die Jugendlichen mehr über die jeweils andere, meist noch fremde Sprache. Dadurch konnten sie sich besser unterhalten, diskutieren und erfuhren so viel mehr über einander und können nun Ressentiments etwas mehr entgegensetzen. Vermeintliche Unterschiede können überwunden und neue Freundschaften geschlossen werden.   

Auch im Jahr 2016 möchten wir wieder gemeinsam mit unseren Partnern aus Polen und Frankreich eine trinationale Jugendbegegnung durchführen.  

Eindrücke aus dem Projekt Gorlice: