Meldungen aus dem Landesverband Thüringen
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Gedenkrede Dr. Michael Krapp

zum 50. Jahrestag der Einweihung der deutschen Kriegsgräberstätte Maleme auf Kreta am 8. Oktober 2024

Blick auf die Kriegsgräberstätte Maleme in der Nähe von Chania/Kreta

Sehr geehrte Mitreisende,
sehr geehrte Frau Giannikaki,

wir haben uns auf der „Höhe 107“ versammelt, um zweier Ereignisse zu gedenken: 

Diese Höhe war am 20. Mai 1941, also vor 83 Jahren Ausgangspunkt der Eroberung Kretas durch die Deutsche Wehrmacht.

Diese Höhe ist seit dem 6. Oktober 1974, also seit 50 Jahren die deutsche Kriegsgräberstätte auf Kreta.

Wir gedenken an diesem Ort der fast 4500 deutschen Soldaten, die auf dieser Höhe ihr Grab gefunden haben. 

Die meisten von Ihnen fielen in der bis dahin größten Luftlandeoperation der Militärgeschichte bei Maleme, Chania, Rethymno und Heraklion als Fallschirm- und Gebirgsjäger, Luftwaffen- und Marineangehörige. 

Die anderen fielen oder starben in der bis 1945 währenden Besatzungszeit an verschiedenen Orten der Insel und wurden hierher umgebettet. Auch nach Kriegsende fanden noch einige Umbettungen statt.
 

Wesentlichen Anteil an der Planung und Gestaltung dieser Kriegsgräberstätte hatte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. im Auftrag des Auswärtigen Amtes. Dank gilt dem griechischen Staat, der dies im Rahmen eines Kriegsgräberabkommens ermöglichte. Dank auch an Frau Giannikaki für ihre Betreuung dieser Kriegsgräberstätte.

Bei der Einweihung dieser beeindruckenden Kriegsgräberstätte vor 50 Jahren waren viele unmittelbar betroffene Familien und Kameraden anwesend, die hier vor allem einen Ort suchten und fanden, wo sie gemeinsam um ihre Männer, Brüder, Söhne, Väter und Kameraden trauern konnten. 

50 Jahre danach wird diese Kriegsgräberstätte immer noch oft besucht. Dem Generationenwechsel geschuldet dominieren inzwischen die Fragen, warum all dies geschehen konnte und wie wir eine Wiederholung verhindern können.

Eine vom Volksbund kuratierte Ausstellung will seit den 80er Jahren Hilfe bei der Suche nach Antworten geben. Aber auch diese Ausstellung hat selbst wieder Fragen aufgeworfen, die zu ihrer stetigen Entwicklung führten.

So wird zum Beispiel erst seit 2021 die Luftlandeoperation Merkur nicht nur aus deutscher Sicht thematisiert, sondern auch aus der Sicht der Verteidiger. Nicht zuletzt wird inzwischen auch hier über den verlustreichen Besatzungsalltag des kretischen Volkes unterm Hakenkreuz informiert. Die Ambivalenz zwischen Kriegsrecht und Recht auf Verteidigung führte zu grausamen Kriegsverbrechen.

Mit diesen Ergänzungen ist die Entwicklung der Ausstellung sicher noch nicht abgeschlossen.  

Für mich ist zum Beispiel die Frage offen, ob dieser deutsche Pyrrhus-Sieg nur der Versuch der beteiligten Luftwaffengeneräle war, verlorenes Prestige beim „Luftkampf um England“ zu kompensieren?

Dafür spricht, dass Hitler von der Operation Merkur auf dem Nebenkriegsschauplatz Kreta erst überzeugt werden musste, da ihm die kurz darauf geplante Operation Barbarossa wichtiger war.

Die Frage aller Fragen ist jedoch die nach der Motivation von Soldaten, sich mehrheitlich freiwillig mit dem Fallschirm oder dem Lastensegler im wahrsten Sinne des Wortes in ein „Himmelfahrtskommando“ zu stürzen.

Einen konnte ich direkt danach fragen: auch mein Vater meldete sich im Sommer 1940 freiwillig zu den Fallschirmjägern – für Deutschland – wie er als junger Unteroffizier nach zwei Feldzügen an der französischen Kanalküste meinte. Sein FLAK-Batteriechef ließ ihn nicht gehen, „weil doch noch ein paar übrig bleiben sollen“. Er blieb übrig, nachdem er alle Illusionen im Kessel von Stalingrad verloren hatte.

Der 1919, unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg gegründete Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. sieht seine Aufgabe seit jeher darin, Versöhnung über den Gräbern zu stiften. Er muss aber auch selbstkritisch bekennen, dass diese Stimme nicht immer deutlich zu hören war, besonders in der dunklen Zeit, als es die hier liegenden Gefallenen am nötigsten gebraucht hätten.

In diesem Sinne wollen wir hier und heute ihrer gedenken und den Auftrag mitnehmen, alles zu tun um eine Wiederholung zu verhindern.