Dahingehend ist es zur Tradition geworden, dass der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern zusammen mit der Jugendbegegnungsstätte Golm jährlich eine Gedenkveranstaltung auf der Anhöhe organisiert. Nachdem 2021 pandemiebedingt nur eine stille Kranzniederlegung stattfand, konnte in diesem Jahr eine Zeremonie im größeren Umfang arrangiert werden. Um die Hintergründe der Gedenkstunde besser nachvollziehen zu können, soll im Folgenden etwas detaillierter auf die Stadtgeschichte zum Ende des Zweiten Weltkrieges eingegangen werden.
Im März 1945 erreichten zahlreiche Flüchtlings- und Verwundetentransporte Swinemünde, sodass sich die Einwohnerzahl von ca. 28.000 auf 70.000 erhöhte. Hotels, Schulen und Kinos der einstigen Urlaubsidylle füllten sich mit Frauen, Kindern, Alten und Verletzten, die das Bild des Krieges in der Stadt einziehen ließen. Viele dieser Menschen kamen aus Ostpreußen, Danzig oder Pommern, aus Angst vor der Roten Armee, welche im Frühjahr 1945 in Mecklenburg-Vorpommern einmarschierte. Swinemünde sahen viele der Geflohenen als eine Chance, weiter in den Westen zu gelangen, beispielsweise nach Kiel oder Flensburg. Als am Morgen des 12. März 1945 die Sirenen heulten, glaubte niemand in der überfüllten Kleinstadt an einen möglichen Luftangriff – das Wetter war schlecht, die Stadt schien zu unbedeutend und schon oft seien Bomber über diesen Weg nach Berlin oder Stettin eingeflogen. Jedoch sollte sich diese Einschätzung nicht bewahrheiten. Insgesamt 661 Bomber und 412 Mustang-Begleitjäger der U.S.-Airforce machten sich von England aus auf den Weg, um mehr als 166 Tonnen Sprengbomben über der Hafenstadt abzuwerfen. Der Glauben der Menschen, das Seebad würde von den Angriffen verschont bleiben, endete gegen zwölf Uhr, als die ersten Bomben auf die Stadt hagelten. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Swinemünde im Zweiten Weltkrieg vor allem als militärischer Hafen fungierte und von der deutschen Kriegsmarine intensiv genutzt wurde. Letztere stellte das eigentliche Ziel des Bombardements dar. Andere Quellen vermuten, dass der Angriff in Hinblick auf die immense Masse an abgeworfenen Sprengstoff als Demonstration von Stärke der Amerikaner gegenüber den russischen Verbündeten und somit als ein Vorbote des Kalten Kriegs verstanden werden kann.
Aufgrund der Flüchtlingsströme reichten die Luftbunker kaum aus, um alle Menschen in Sicherheit zu bringen. So forderte der ca. einstündige Bombenangriff Schätzungen zufolge 4.000 bis 6.000 Menschen das Leben, darunter viele Zivilisten:innen. Die meisten der Opfer sollen sich auf brennenden oder kenternden Flüchtlingsschiffen sowie im Kurpark befunden haben, der sonst von Roteichen, Magnolien und Platanen geziert war. Die tatsächliche Zahl der Toten bleibt bis heute ungeklärt, da ein Großteil der Opfer nicht identifiziert werden konnte oder in Kellern und Bombentrichtern verschüttet wurde. Nach dem verheerenden Ereignis wurden Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene beauftragt, die Toten mit Lastwagen und Pferdefuhrwerken auf den Golm zu transportieren, um sie auf den bereits im Herbst 1944 auf halber Höhe entstandenen Soldatenfriedhof beizusetzen. Bis zum Kriegsende fanden auf diese Weise mindestens 1.500 Kriegsopfer ihre letzte Ruhe auf der Erhebung. Ganz gleich ob es die Angehörigen der Marine, des Heeres, der Luftwaffe, Geflohene oder Einwohner der Stadt waren: sie alle sind gestorben durch einen sinnlosen Krieg. Hoffen wir, dass ihre Geschichten in diesen Tagen unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken und uns unserer Verantwortung mahnen.