Meldungen aus dem Landesverband Thüringen
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Arbeitseinsatz des Volksbundes auf dem Hauptfriedhof Nordhausen am 27.09.2025

Grabsteine vor der Reinigung. Volksbund Thüringen

Für mich war der Einsatz der erste Kontakt mit dem Volksbund. Über den Umgang mit Kriegsgräbern, insbesondere denen von Tätern und Opfern, vor allem im Kontext des Nationalsozialismus, hatte ich davor bereits häufig nachgedacht oder darüber mit Freunden diskutiert. Wie und wo sollten die Toten bestattet werden? Sollten sie gekennzeichnet sein und wenn ja, wie? 

Der Einsatz beim Volksbund für Kriegsgräberfürsorge, zu dem mich eine Freundin eingeladen hatte, fand auf dem Friedhof in Nordhausen statt, auf dem es einen Bereich für Kriegsgräber gibt. Dort sind Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, Wehrmachtssoldaten,  durch Bombardierungen getötete Menschen aus Nordhausen sowie Angehörige der SS nebeneinander auf demselben Friedhof begraben. 

Veränderung des Dienstgrades führt zur Verwunderung

Zuerst hielt eine Freiwillige des Volksbunds einen kurzen Vortrag über die Geschichte der Gräber und über die Personen, die dort bestattet wurden. Besonders ist mir in Erinnerung geblieben, dass die Tafeln auf den Grabsteinen der SS-Mitglieder bei Restaurationsarbeiten in den 1990er Jahren verändert wurden. Zuvor war jeweils der SS-Rang auf dem Grabstein vermerkt, doch diese wurden bei der Restaurierung durch gleichwertige Wehrmachtsränge ersetzt. Anscheinend war das Ziel zu verhindern, dass Rechtsextreme die bestatteten SS-Verbrecher als Helden feiern und die Gräber dafür nutzen. Hier war ich wieder mit ethischen Fragen konfrontiert, auch wenn ich der Meinung bin, dass die verfälschten Aussagen über die Rolle der Bestatteten im Nationalsozialismus nicht die richtigen Lösungen sind. Allerdings ist es auch sinnvoll zu verhindern, dass Rechtsextreme den Ort für ihre Glorifizierung von Verbrechern nutzen. Was die richtige Lösung wäre, also wie man mit solchen Gräbern korrekt umgehen sollte, diese Frage ist für mich immer noch offen.

Pflegeeinsatz an dutzenden Grabsteinen

Nach dem Vortrag begann der eigentliche Einsatz. Wir reinigten die Grabsteine, entfernten Moos und Flechten und befreiten die Bäume im Kriegsgräber-Areal von Efeu. Das fühlte sich im Prinzip wie Gartenarbeit an, nur historisch aufgeladen und in einer besonderen Ruhe. Dabei sprachen wir auch weiterhin über die vorher genannten Fragen. In einer Pause sahen wir uns das alte Gräberverzeichnis an, in dem noch die originalen Beschriftungen der Grabsteine zu finden waren, auch die der SS-Kämpfer. Aber auch Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus verschiedenen Ländern standen auf der Liste. Nachdem wir unsere Arbeit beendet hatten, besichtigten wir den Ehrenfriedhof, der gegenüber des Hauptfriedhofes liegt und auf dem mehr als 2000 Opfer des Nationalsozialismus, hauptsächlich aus dem Konzentrationslager Mittelbau-Dora, bestattet sind. Auch über 200 Gräber sowjetischer Soldaten befinden sich auf dem Ehrenfriedhof in einem eigenen Bereich mit Denkmal. 

Informativ und zum Nachdenken angeregt

Der Tag war für mich eine in der Form nicht alltägliche Konfrontation mit der eigenen Geschichte, die mich zur näheren Beschäftigung mit bestimmten Fragen anregte, zugleich neue aufwarf und viele unbeantwortet ließ. Trotzdem hat mir der Arbeitseinsatz gut gefallen, er war sehr informativ und gab Einblicke, die man sonst nicht erhält. Ich bin dankbar für die neue Perspektive und finde, dass der Volksbund einen wichtigen Beitrag zum Gedenken und zur Aufklärung über den Nationalsozialismus leistet. 

Ben Keberle